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Egomania – Insel ohne Hoffnung

D 1986, 84 min

Dr. Faustus im ewigen Eis: Udo Kier als Tante des Teufels und Tilda Swinton als Brünhilde. Ein junges Paar gefangen im Eismeer, in zärtlicher Liebe, von allen bedroht.

Synopsis

Auf einer trostlosen Ostseeinsel herrscht der unheimliche, vampirähnliche Baron Tante Teufel. Wo früher Friede und Freude das Leben der Inselbewohner bestimmte, walten nun Hoffnungslosigkeit und Zwietracht. Als plötzlich eine wahre Liebe die Tristesse seiner Insel bedroht, dreht der Baron durch ... Das Verderben läßt sich nicht mehr aufhalten und zum Schluß erfüllt sich das Schicksal aller im schier unstillbaren Blutrausch des Bösen. Eine deutsche Geschichte über den Verfall der Zivilisation in der Tradition der Nibelungen. Ein Drama über Liebe, Eifersucht, Gier und Mord ...

 

Streaming-Info

Der Film ist über unseren Vimeo-Kanal zum Leihen oder Kaufen erhältlich. Weitere Anbieter siehe „Film kaufen“.
Sprache: Deutsch, Untertitel: Englisch

Pressestimmen

Wenn schon verzweifeln an dieser Welt, dann nicht aus beleidigtem Hochmut, dann schon lieber mit Werner Schroeter und Herbert Achternbusch, oder wenigstens mit Christoph Schlingensief. Der junger Oberhausener entwickelt sich mit halsbrecherischem Tempo zum Apokalyptiker des deutschen Films. EGOMANIA – INSEL OHNE HOFFNUNG heißt sein jüngster Film, der im Forum zu sehen war. Wie in MENU TOTAL tobt er mit einer Hemmungslosigkeit, aus der rasende Verzweiflung spricht, seine Folter- und Zerstörungsphantasien aus. Doch allmählich lernt er es, sie künstlerisch zu bändigen, ins wildwuchernde Chaos mythologische Gegensätze einzuziehen, die dem Zuschauer eine Ahnung von Kontingenz und Folgerichtigkeit geben. Durch die wildbewegte Oberfläche, die vom Teufel Udo Kier und Tilda Swintons (CARAVAGGIO) Jungfrauen-Gesicht beherrscht wird, scheint der Dracula/Nosferatu-Stoff durch – so wie akustisch, durch den Lärm, das Schreien und Höllengelächter, Pendereckis „Auschwitz Oratorium“ durchschlägt. Wem's nach großem Weltabräumen gelüstet: bei Christoph Schlingensief ist er in besten Händen. (epd film, 1987)

Wenn es einen Film gab, der rigoros das wahrlich dünne Eis betrat, das wie cineastisches Neuland aussieht, dann war es dieser. (Peter W. Jansen, 1987)

Durch dieses Chaos der schiefen Zitate, unterstützt von dröhnenden Geräuschen aus der Punkzeit taumelt Schlingensief dem Ende der Illusion entgegen. Rette sich, wer kann, vor gebildeten Exegeten. (Helmut Schödel, 1987)

EGOMANIA läßt sich weder erklären noch nacherzählen. „Ein Drama über Liebe, Eifersucht, Gier und Mord“ steht in der Inhaltsangabe. Aber warum geht es nicht darum? Blaue Bilder von einer einsamen Insel im Meer. „Insel ohne Hoffnung" heißt EGOMANIA im Untertitel. Nebel, Schnee, Sturm, wogendes Meer, Sonnenfinsternisse und orchestrale Gesänge: Symbole für eine Welt, die aus den Fugen geraten ist. „Nagt an Dir ein Gedanke - denk ihn weg“, heißt es im Film, „oder leide.“ In EGOMANIA schreien und schlagen sie ihr Leiden aus sich heraus. Lieben und Hassen zugleich. „Zerstören wir nicht den Gedanken, zerstört der Gedanke uns“, sagt der Erzähler. Überfallartige Bilder und Töne, manchmal schreiende Farben und dann wieder eine pastellartige Zartheit. Ein Bilder- und Geräuschstrom hält alle Sinne wach, auch wenn sich nicht unbedingt ein Sinn dahinter entdecken lässt. (Der mutmaßliche Rimbaud des Films Christoph Schlingensief, Torsten Alisch, 20.05.1987)

INSEL OHNE HOFFNUNG, das ist nicht nur der Untertitel von EGOMANIA, sondern auch dessen Drehort: die Hallig Langeoog an der nordfriesischen Küste. Hier ist im Winter die Einsamkeit zu Haus, und im Winter wurde der Film gedreht. Er ist nicht sehr schön und doch eine Ode an die einsame Hallig. Das ist reiche Filmkunst in karger, eisiger Landschaft. Die Wahrnehmung der Hallig: man spürt, daß sie dem Filmen vorangegangen ist. Das gibt es nur noch selten im Kino, daß Bilder eine primäre Seherfahrung ausdrücken und nicht von zweiter, dritter Hand sich nähren. Um so mehr gilt es, die Augen offenzuhalten, sich bereitzumachen für Bilder, die als Empfindungen zutiefst originär und dennoch völlig unrealistisch erscheinen. (…) Zehn großartige Schauspieler, zehn Menschen auf einer Hallig. Ihre Namen: Sally, William, Ria, Peggy usw. Verschiedene Sprachen werden von ihnen gesprochen. Eine Off-Stimme meldet sich gelegentlich zu Wort. So zum Beispiel: „Wenn die Verblendung weicht, ekelt man sich vor sich selbst." Selbsterkenntnis ist schmerzhaft, scheint aber notwendig. „Nimm mir die Illusion.“ Zugleich auch: „Der Versuch, die Realität zu vergessen.“ EGOMANlA erscheint irrational, rein assoziativ. Woraus sich allerdings erst die Gedanken erheben. EGOMANIA ist die Schleuder gegen die abendländische Dichotomie von Geist und Gefühl, von Dokumentarfilm und Spielfilm, von Spielfilm und Experimentalfilm. Die gewöhnliche Narrativität ist minimal vorhanden, die ausgestellte Künstlichkeit durch Ausleuchtung und Einfärbungen wird pointiert, die verlangte Natürlichkeit (z. B. des Eises) bleibt gewahrt. Damit fällt gleichsam alles zusammen und wird zum bloßen Zeichen. Es steht zwischen Realität und Illusion, scheint aber nichts zu bedeuten. Das ist zu akzeptieren, weil unabänderlich. Auf einem Insert ist zu lesen: „Ein anderes Weltende wird es nicht geben“ - als das Zugrundegehen in der Welt der Erscheinungen, wie vorher jemand sagte. Doch zu sehen ist am Ende die rötliche Sonne über dem Meer: Das scheint nicht das Ende, das scheint die Hoffnung. Oder eine Utopie. (Die Zeichen dazwischen – EGOMANIA von Christoph Schlingensief, Rolf Aurich, 1987)

Preise und Festivals

- Internationale Hofer Filmtage 2003
- Internationales Film Festival Rotterdam 2004

PDF

Credits

Buch und Regie
Christoph Schlingensief
Mit
Udo Kier, Tilda Swinton, Uwe Fellensiek, Anna Fechter, Anastasia Kudelka, Volker Bertzky, Dietrich Kuhlbrodt, Wolfgang Schulte, Ark Boysen, Melf Boysen, Werner Funke, Christopher Krieg (Christoph Schlingensief)
Regieassistenz
Beatrice Hasler
Kamera
Dominikus Probst
Kameraassistenz
Kim Koch
Schnitt
Thekla von Mülheim
Schnittassistenz
Beatrice Hasler
Musik
Tom Dokoupil, Christoph Schlingensief, Helge Schneider Sonoton München, Ella Johnson
Ton
Alf Olbrisch
Kostüm
Anna Fechter
Kopierwerk
Atlantik Hamburg
Filmmaterial
Agfa-Gevaert
Titel und Plakat
Uli Hanisch
Produktionsleitung
Wolfgang Schulte
Produktionsassistenz
Frank Rehberg, Ariane Traub
Produzent
Christoph Schlingensief, Wolfgang Schulte
Produziert von
DEM Film
Kinostart
20.5.1987

DVD-Infos

Restaurierter Film, 2K Scan, Original Kinofassung
Extras
Interview mit Christoph Schlingensief (2004, 6 min), 16mm-Outtakes (1986, 18 min), Schlingensief-Filmtrailer – Alle Extras ohne Untertitel
Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch, Polnisch, Spanisch
Ländercode
Code-free
System
PAL / Farbe
Laufzeit
83 min (25 fps) + 24 min Extras
Bildformat
16:9
Tonformat
DD 2.0
Inhalt
Digipack (Set Inhalt: 1), 24-seitiges Booklet mit Fotos und Drehbuchauszügen
Veröffentlichung
26.10.2018
FSK
Ab 16 Jahren

Kinoverleih-Infos

Verleihkopien
DCP (2K, 24 fps, 5.1)
Blu-ray Disc
16mm (Mono, über Deutsche Kinemathek)
Bildformat
16:9, 1:1,38
Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch (DCP, BD)
Werbematerial
A1-Poster (leihweise)
Lizenzgebiet
Weltweit
FSK
16