Der Animatograph
D 2005, 232 min
Christoph Schlingensiefs „aktionistische Fotoplatte“.
Synopsis
Erstmals installierte Christoph Schlingensief bei seiner Inszenierung von Wangers Parsifal eine Drehbühne. Schon deshalb weil sich die Erde dreht, sollte sich die Bühne drehen. Es kreisen aber auch die Götter und die Geister der Vorzeit und die der Zukunft um die Erde. In Fortsetzung des ‚Prinzips Drehbühne‘ entwickelte Schlingensief seine Animatographen (= Seelenschreiber).
Die Drehbühnenkonstruktion, die Schlingensief in vier Editionen vom normalen Theaterraum befreit, bietet Flächen für Projektionen, für Wort, Bild und Ton, und ist für ihr Publikum begehbar. DER ANIMATOGRAPH ist der große Umschlagplatz in Schlingensiefs Werk, auf dem er Alltag, Politik und Kunst in einem lebendigen Kreislauf bündelt – und durchdrehen lässt.
Island, Brandenburg, Namibia und das Wiener Burgtheater sind die vier Schauplätze, an denen Christoph Schlingensief sein Projekt verwirklichte. Dokumentationen der Aktionen HOUSE OF OBSESSION (Island Edition), ODINS PARSIPARK (Deutschland Edition) und THE AFRICAN TWIN TOWERS – DER RING – 9/11 (Afrika Edition) sind auf DVD erschienen.
DVD-Inhalt:
- Deutschland Edition: ODINS PARSIPARK in Neuhardenberg (2005, 87 min)
- Island Edition: HOUSE OF OBSESSION bei Reykjavik (2005, 2 Filme: 15 min)
- 4 Animatograph - Filme (2005, 49 min): POLICE IN THINGVELLIER (5 min), BEUYS ACADEMY (13 min), PARTY DEMO (11 min), PRICE SHOW (20 min), Afrika Edition: THE AFRICAN TWIN TOWERS Lüderitz, Namibia (2005, 3 Filme: 28 min)
- Serie von Animatographen – kommentiert von Jörg van der Horst (2011, 8 min)
- Alexander Kluge im Gespräch mit Christoph Schlingensief (2006, 45 min)
- 24-seitiges Booklet mit Texten und Bildern
Weitere Texte
DER ANIMATOGRAPH
Eine „Lebensmaschine“ von Christoph Schlingensief
von Jörg van der Horst, 2005
Bilder sind immer nur Abbild. Sie sind das verspiegelte Fenster einer Darstellung, die zwangsläufig schon an Authentizität eingebüßt hat. Bildern mangelt es buchstäblich an Durchblick. Es ist „alten“ und neuen Medien bis heute nicht gelungen, dieses Fenster zu öffnen, den darstellenden und abgebildeten Menschen nicht nur zu projizieren, sondern ihn selbst zum projektor zu machen.
Die Schaffung vielschichtiger räumlicher Projektionen erhofften sich in den 1920er Jahren Künstler wie László Moholy-Nagy mit seinem Licht-Raum-Modulator (Light-Space-Modulator) oder Ray Eames, die amerikanische Architektin, die sich bis Ende der 1980er Jahre mit räumlicher Komplexität und materieller Überlagerung beschäftigte. Über Meyerhold, Eisenstein und Piscator hielten Projektionen Einzug ins Theater, hoben seine prägenden Grenzen von Zeit und Raum auf und trugen zur Vervielfältigung von Spiel- und Realitätsebenen bei.
Im Verlauf seiner Inszenierungen „Atta Atta“ und „Bambiland“ (beide 2003) kam Christoph Schlingensief die Idee zu einem mehrteiligen, groß angelegten Projekt, das anläßlich der Arbeiten am Bühnenbild zum „Parsifal“ (Bayreuther Festspiele, 2004) genauere Gestalt annahm. Während der aktuellen Inszenierung „Kunst und Gemüse“ (Volksbühne Berlin, 2004) erarbeitete Schlingensief den konkreten Plan, die von ihm genutzten Disziplinen Theater, Oper, Film und Aktionismus ineinander zu integrieren und zu verschmelzen, von der reinen Kunst, den Schauspielen, zu befreien und in einer Art „Lebensmaschine“ den alltäglichen Inszenierungen und Ritualen der Menschen außerhalb des Kunstraums zu überlassen. „Der Animatograph“ ist zunächst eine mobile Drehbühneninstallation, mit den herkömmlichen Bauteilen und Requisiten, die dem Besucher nicht mehr nur frontale Ansicht, sondern Einlaß bietet. Hier kann er sich des Bühnenbilds bedienen, kann die Installation bespielen und sich im wahrsten Wortsinn selbst inszenieren; ebenso kann er die Installation nutzen, indem er sie auf seinen Alltag, seine Kultur anwendet.
Im übertragenen Sinne handelt es sich bei der Drehbühneninstallation um eine „aktionistische Fotoplatte“, die die auf ihr vollzogenen Aktionen weltweit und kulturübergreifend bannt und die aktionistisch, filmisch, fotografisch und akustisch gesammelten Dokumente immer von neuem, um die Bilder der vorangegangenen Stationen bereichert, projiziert.
Für Wochenzeiträume soll „Der Animatograph“ zuerst an verschiedenen, über die ganze Erde verteilten Orten auf Island, in Deutschland, in Mitteleuropa, in Afrika, Zentralasien sowie Nord- und Südamerika aufgestellt und „zum Gebrauch“ angeboten werden, so u.a. auf einem nepalesischen Marktplatz, in einem namibischen Slum, einer „befreiten Zone“ in Ostdeutschland, einer brasilianischen Favela und einem US-amerikanischen Vergnügungspark. Darüber hinaus sind Aktionswochen an zentralen Plätzen in Berlin, Buenos Aires, New York, Reykjavik, Windhuk und Tokio beabsichtigt. Jede Station bildet ein Kraftfeld für sich, das durch alltägliche Handlungen, aber auch religiöse Riten oder künstlerische Akte seiner Benutzer nach und nach aufgeladen wird. Vor Ort werden Bilder, Objekte, Töne und Musiken dokumentiert und fließen anhand von Projektionen und Einspielungen in die Installation an den darauffolgenden Stationen ein. So entsteht nach und nach eine Hyperprojektion. Belichtet wird das Bild einer universellen Kultur.
In einem zweiten Schritt wird „Der Animatograph“ dann von der kulturbedingten Alltagsbühne zurück in den traditionellen Kunstraum überführt und wird in ausgesuchten Theatern (z.B. nationaltheater Reykjavik), Opernhäusern (z.B. Staatsoper unter den Linden Berlin), Museen (z.B. Kunsthalle Wien) und auf Festivals (z.B. Kunstfest Weimar) zur Vor- resp. Aufführung gebracht und wiederum seinen Besuchern zur Verfügung gestellt. (...)
Der vollständige Text ist im Booklet zur DVD DER ANIMATOGRAPH abgedruckt.
Credits
Idee, Regie
Christoph Schlingensief
HOUSE OF OBSESSION
(Island Edition) Klink & Bank, Reykjavik, 13.–15.5.2005
Mit
Karin Witt, Klaus Beyer, Christoph Schlingensief, Jörg van der Horst, Arnar Jonsson, Björn Thors, Eigill Heidar, Anton Palsson, Gudrun Gisladottir, Lilja Gudrun Porvaldsdottir, Nina Dögg Filipusdottir, Olafur Eigilsson, Solveig Arnarsdottir, Unnur Stefansdottir und Gudmundur Oddur Magnusson, Daniel Björnsson, Snorri Asmundsson, Sirra Sigurdardottir, Erling Klingenberg, Sigridur Björg Sigurdardottir, Omar Stefansson, Nina Magnusdottir, Unnar Audarson
Animatograph-Konstruktion
Thekla von Mülheim, Tobias Buser
Animatograph-Aufbau
Tobias Buser, Daniel Björsson, Pall Banine, Pall Einarsson
Ausstattung
Harry Johansson
Ton
David Por Jonsson, Helgi Svavar Helgason
Set Assistent
Lars Skjalbriea, Finnur Ragnarsson, Petur Hauksson, Gudmundur Hauksson
Licht
Björn Gudmundsson
Kostüm
Aino Laberenz
Kamera und Schnitt
Kathrin Krottenthaler
Schnittassistenz
Kristian Zalinsky
Dramaturgie und Internetredaktion
Jörg van der Horst
Beratung
Henning Nass
Webdesign
Patrick Hilss
Produktionsleitung Deutschland
Anna Schulz, Holger Schulz
Produktionsleitung Island
Nina Magnusdottir
Commissioned by
Thyssen-Bornemisza Art Contemporary
In Koproduktion mit und der Unterstützung von
Hauser & Wirth, National Theatre Iceland, Stiftung Schloss Neuhardenberg, Burgtheater Vienna and Filmgalerie 451
ODINS PARSIPARK
(Deutschland Edition) in Neuhardenberg, erste ur-animatographische Installation mit sechs Aktionen: 19., 20., 21., 26., 27., 28. August 2005
Mit
Björn Thors, Sachiko Hara, Klaus Beyer, Karin Witt, Horst Gelloneck, Maria Baton, Helga von Paczenski, Achim von Paczenski, Andrea Erdin, Jürgen Drenhaus, Markus M. Thormann
Animatograph-Konstruktion
Tobias Buser
Animatograph-Aufbau
Udo Havekost, Harry Johansson
Kostüme & Fotos
Aino Laberenz
Kostümassistenz
Lisa Kentner
Requisite
Markus M. Thormann
Video
Meika Dresenkamp, Kathrin Krottenthaler
Video-Technik
Jens Crull
Ton
Jens Voigtländer
Beleuchter
Hans Wiedemann
Licht
Voxi Bärenklau
Technik
Matthias Warias
Dramaturgie
Jörg van der Horst
Künstlerische Beratung
Henning Nass
Internet
Jens Gerstenecker
Regieassistenz
Hedwig Pottag
Produktionsleitung
Celina Nicolay, Kristjan Schmitt
Produzent
Martin Siebert
Technische Leitung
Thomas Schröder
Commissioned by
Thyssen-Bornemisza Art Contemporary
In Koproduktion mit und der Unterstützung von
Hauser & Wirth, National Theatre Iceland, Stiftung Schloss Neuhardenberg, Burgtheater Vienna and Filmgalerie 451
THE AFRICAN TWIN TOWERS – DER RING – 9/11
(Afrika Edition) in Lüderitz, Namibia, 2005
Mit
Irm Hermann, Klaus Beyer, Stefan Kolosko, Robert Stadlober, Katharina Schlothauer, Karin Witt, Björn Thors, Norbert Losch, Dirk Rohde, Christiane Tsoureas, Mohammed, Christin Appollus, Christoph Schlingensief, Patti Smith, sowie die Theatergruppe Lüderitz
Schnitt
Kathrin Krottenthaler
Additional Editing
Sabine Steyer, Angela Christlieb
Kamera
Meika Dresenkamp, Kathrin Krottenthaler, Patrick Waldmann
Kostüme und Fotos
Aino Laberenz
Ausstattung
Tobias Buser, Anne Grumbrecht
Ton
Jerome Burkhard
Musik
Hanno Leichtmann
Animatograph
Tobi Buser, Udo Havekost
Bauleiter Area 7
Collin Elastus
Aufnahmeleitung Namibia
Werner Rawe
Beleuchter
Johannes Gaseb
Produktionsleitung Namibia
Karim Debbagh
Produktionsleitung Deutschland
Christoph Amshoff
Regieassistenz
Sophia Simitzis
Dramaturgie
Jörg van der Horst
Produzent
Frieder Schlaich
Produziert von
Filmgalerie 451
In Koproduktion mit
ZDFtheaterkanal, Thyssen-Bornemisza Art Contemporary
Mit Unterstützung von
bpb, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Burgtheater Vienna, Hauser & Wirth Zürich, Filmstiftung NRW, Medienboard B.B. und MFG Filmförderung
DVD-Infos
Inhalt
Deutschland Edition: ODINS PARSIPARK in Neuhardenberg (2005, 87 min – opt. engl. UT), Island Edition: HOUSE OF OBSESSION bei Reykjavik (2005, 2 Filme: 15 min – ohne Dialog), 4 Animatograph - Filme (2005, 49 min): POLICE IN THINGVELLIER (5 min), BEUYS ACADEMY (13 min), PARTY DEMO (11 min), PRICE SHOW (20 min), Afrika Edition: THE AFRICAN TWIN TOWERS Lüderitz, Namibia (2005, 3 Filme: 28 min – opt. engl. UT), Serie von Animatographen – kommentiert von Jörg van der Horst (2011, 8 min – opt. ohne Kommentar), Alexander Kluge im Gespräch mit Christoph Schlingensief (2006, 45 min – opt. engl. UT)
Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Ländercode
Code-free
System
PAL / Farbe
Laufzeit
232 min
Bildformat
16:9
Tonformat
DD 2.0
Inhalt
Digipack (Set Inhalt: 1), 24-seitiges Booklet mit Texten und Bildern
Veröffentlichung
06.11.2015
FSK
Info-Programm gemäß §14 JuSchG