Goff in der Wüste
D 2003, 110 min
Heinz Emigholz’ kongeniale Annäherung an die von Bruce Goff gestalteten Räume.
Synopsis
GOFF IN DER WÜSTE zeigt 62 Bauten des amerikanischen Architekten Bruce Goff (1904-1982) – vom Tankstellenhäuschen bis zum repräsentativen Museumsbau – und ist damit die erste umfassende filmische Dokumentation fast aller seiner noch existierenden Gebäude. Bruce Goff ist der große Unbekannte einer originär amerikanischen Architektur. Seine baulichen Erfindungen und Entwürfe liegen quer zu den Idealen der dagegen exklusiv bekannt gewordenen International Style-Bewegung. Die Kontroversen, die das Werk von Bruce Goff zu seinen Lebzeiten auslöste, sind Legende. Fast jedes seiner Gebäude war ein Schock in der Landschaft, der neue, bis dahin ungeahnte Möglichkeiten von Architektur freisetzte.
Streaming-Info
Der Film ist über unseren Vimeo-Kanal zum Leihen oder Kaufen erhältlich.
Sprache: Deutsch, Untertitel: Englisch
Preise und Festivals
- Berlinale Forum, 2003
- Viennale – Vienna International Film Festival, 2003
- New Zealand Film Festival, 2003
- Buenos Aires Film Festival, 2004
- Medien und Architektur Biennale Graz, 2004 – Erster Preis als beste Architekturdokumentation
- Counter Gravity - Heinz Emigholz - Retrospektive, HKW Berlin, 2022
Weitere Texte
Bruce Goff
Bruce Goff wurde am 8. Juni 1904 in Alton, Kansas, geboren und begann 1916 ein Lehrverhältnis im Architekturbüro Rush, Endacott & Rush in Tulsa, Oklahoma. Von 1922-29 war er dort voll beschäftigt, von 1929-33 als Partner. 1918 baute er, noch vor seinem Highschool-Abschluß, sein erstes Haus. 1920 bestand eine kurze Verbindung zu Louis Sullivan. Ohne eine formale Architektenausbildung absolviert zu haben, bekam er 1929, nach vielen eigenen Bauten und einer Zusammenarbeit mit Frank Lloyd Wright, die Lizenz als registrierter Architekt. 1934 eröffnete er in Chicago sein eigenes Büro und baute und lehrte dort bis 1941. Seit Anfang der 20er Jahre malte er auch. Sein besonderes Interesse galt Moderner Musik und den einheimischen Kulturen Nordamerikas, Asiens, der Pazifischen Inseln und Afrikas. Ab 1940 zeichnen sich seine Bauwerke durch einen unvergleichlichen, nie versehbaren Stil aus, der einer radikalen Hingabe an die jeweils gestellte Bauaufgabe entsprang. 1941-45 arbeitete er als Architekt für die U.S. Navy.
1945 eröffnete er ein Büro in Berkeley, Californien. Ab 1947 war er Leiter der School of Architecture an der University of Oklahoma in Norman und wurde zu einem extrem einflußreichen Lehrer. 1956 drängte ihn die dortige Bauhaus-Fraktion aus dem Amt, ein Teil seiner Entwurfszeichnungen wurde verbrannt. 1956-64 betrieb er ein eigenes Büro in Bartlesville, Oklahoma, das er 1964-71 in Kansas City, Missouri, weiterführte. 1971 zog er nach Tyler, Texas, wo er am 4. August 1982 starb. Ab 1969 unternahm er ausgedehnte Vortragsreisen nach Japan und Europa. Die erste, von Takenobu Mohri zusammengestellte Monographie seines Werkes erschien in Japan. Bruce Goff hat im Laufe seines Lebens fast 150 Projekte gebaut und viele mehr entworfen. Ungefähr 80 seiner Bauwerke existieren noch.
Originalität und Architektur
Bruce Goff (05.09.1968)
Viele Architekten und andere Künstler fürchten Originalität, weil sie selbst keine ausstrahlen, oder sie stellen sie als eine Masche hin, die nur Aufmerksamkeit erregen soll. Sie gehen manchmal sogar so weit, alles Originäre der Substanzlosigkeit zu bezichtigen. Natürlich verdankt sich Originalität in der Kunst nie vollständig der Erfindungsgabe eines einzelnen Gestalters. Dieser ist in Vergangenheit und Gegenwart durch viele Zusammenhänge beeinflußt worden. Manchmal ahmt er etwas nach, aber immer formt er es dabei für seine Sache um. Ein wahrer Künstler weiß, Imitation ist eine Sackgasse und Schönheit vergeht, wo Nachmacherei vorherrscht. Doch vieles, womit er arbeitet, entspringt nicht seiner eigenen Eingebung. Er verwendet geometrische Formen, deren Ursprung im Dunkeln liegen, und er läßt sich von &Mac226;freien Formen’ in der Natur inspirieren. Diese Quellen gehören niemanden, solange sie nicht in einem eigenen Werk umgesetzt werden. Die authentischen Werke anderer, die Natur von Materialien, Methoden und Prinzipien, die Entdeckungen der Wissenschaft und sein Glaube bilden einen Boden, auf dem er wachsen kann. Sie sind das Wasser auf seiner Mühle. Und wenn er mit Inspiration, Imagination, Initiative, Mut und einer Balance aus Gefühl und Vernunft begabt ist und seiner Kunst treu bleibt, wird er sich auf seine eigene, einzigartige Art entwickeln. Seine Arbeiten zeigen Originalität auf natürliche Weise, weil er von Natur aus originell ist, und das ist etwas anderes als modisch. Solch ein Architekt steht in der Tradition der Erneuerung und Revolution. Nur, daß das, was wie Revolution erscheint, in einem übergeordneten Sinn Evolution bedeutet und den Großteil der Kunst ausmacht.
Jedes authentische Kunstwerk ist notwendigerweise neuartig. Existentiell ist es das erste und letzte seiner Art. Es ist keine Kopie von etwas, sondern ein Unikat, das Frische und Bestimmtheit ausstrahlt. Neuheit an sich wird schnell schal, wenn sie Tiefe und Bedeutung vermissen läßt. Ein wahrhaft authentisches Werk zeichnet sich aber durch diese Qualitäten aus. Es ist das Ergebnis eines natürlichen Wachstums geordneter Ideen. Es hat keinen Anfang, denn keiner kennt - auch der Künstler nicht - die vielen Quellen, die in es eingeflossen sind, und keiner kann seine zukünftige Wirkung vorhersagen. Also hat es auch kein Ende. Es ist in einer immer weiter andauernden Gegenwart als ein einzigartiges und wertvolles Geschenk an die Menschheit aus dem schöpferischen Geist des Menschen hervorgegangen. Wenn es einen Wert hat, ist dieser zeitgebunden und zeitlos zugleich. Es steht ebenso in einer persönlichen Beziehung zu seinem Macher, wie es auch unabhängig von dessen Person existiert. Wenn es ein Meisterwerk ist, wird sich sein Einfluß in der Geschichte der menschlichen Kultur fortsetzen und in diesem Kanon bewahrt bleiben.
Ein Meisterwerk muß in seiner Art einzigartig sein. Es tritt auch aus der Gesamtproduktion eines Künstlers hervor, die sich auf eigene Weise entwickelt hatte. Es vertritt eine neue Art Schönheit, eine, die aus Notwendigkeit entstand und kraftvoll, kompromißlos und aufrecht den Horizont der Arbeit des Künstlers erweitert – den seiner Kunst und den Genuß, den sie der Menschheit bereitet. Dazu muß ein Meisterwerk auch das Element der Überraschung enthalten. Es muß unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken und ein Geheimnis in sich tragen, das unser Interesse aufrecht hält. Es muß nach seinen eigenen Maßstäben und aus seiner inneren Ordnung heraus perfekt sein, wie „frei“ gestaltet es auch immer erscheinen mag. Man hat den Wunsch, ein großes Kunstwerk von innen zu begreifen und damit zu leben, es zu bewohnen – es in Besitz zu nehmen, wie wir wiederum auch von ihm besessen werden, sei es nun von Literatur, Malerei, Musik oder Architektur. Das ist der Grund, warum Architektur so eine wirksame Kunstform wurde: Unser Körper kann sie bewohnen, aber auch unser Geist in Zeit und Raum. Eines Tages wird Architektur vielleicht, wie Musik, ihre Erdenschwere verlieren, sich verflüssigen und beweglich werden, in ständiger Veränderung begriffen und frei statischen Regiments unserer Stahl- und Betonrahmen entrinnen, dieser monotonen Baukasten-Systematik und der daraus resultierenden rhythmischen Sterilität. Neue Materialien und Methoden, neue Bedürfnisse und ein verbessertes technologisches Wissen werden es erfinderischen Architekten ermöglichen, eine neue Schönheit im Design architektonischer Strukturen zu entwickeln. Sie werden uns dann so direkt ansprechen können wie die Komponisten, die uns durch das Medium der elektronischen Musik ohne Aufführungen oder Interpretationen durch Dritte direkt erreichen. Die Architekten werden Bauwerke entwerfen und herstellen können – etwa durch Kristallisationstechniken oder neuartig genutzte elektromagnetische Kräfte –, die die heutigen Handwerkstechniken, maschinellen Methoden und Computerverfahren obsolet werden lassen. Verlaßt die nach drei oder vier Buchstaben benannten Firmen der Big Business Vertreter und wendet euch dem Ideal einer kreativen und originär künstlerischen Wissenschafts-Architektur zu! Wie auch immer er seine Mittel einsetzen und wann auch immer er sie umsetzen kann, ein schöpferischer Architekt muß sich davor hüten, seine Arbeit einem „persönlichen Stil“ oder „Warenzeichen“ zu unterwerfen. Seine Handschrift wird sowieso ihre eigene Charakteristik aufweisen, egal was er sagt. Entscheidend ist aber, was er entwirft, und jedes seiner Werke sollte sich durch eine eigene Form und einen eigenen Stil auszeichnen. Jedes sollte ein Original sein, dann werden seine sein. Dann wird die Architektur dem von außen herangetragenen Formalismus des Werke zusammengenommen die Originalität ihres Architekten zum Ausdruck bringen. Solch ein Architekt fürchtet keine Originalität, im Gegenteil, er wird an ihr wachsen. Er kann und wird nie andere oder gar sich selbst imitieren
Credits
Regie, Kamera und Schnitt
Heinz Emigholz
Sprecher
Christian Reiner
Mitarbeit und Originalton
Ueli Etter, May Rigler
Tonbearbeitung
Martin Langenbach, Bernd Popella
Produziert von
Filmgalerie 451
In Koproduktion mit
WDR (Wilfried Reichart)
Mit Unterstützung von
MFG Filmförderung Baden-Württemberg und SWR
DVD-Infos
Extras
Making of (50 min), Audiokommentar Heinz Emigholz (dt. und engl.), Biographien Goff und Emigholz, alle Bauwerke einzeln anwählbar, Einleger
Sprache
Deutsch (kurzer Off-Kommentar, überwiegend ohne Dialog)
Ländercode
Code-free
System
NTSC / Farbe
Laufzeit
110 min + 50 min Extras
Bildformat
4:3
Tonformat
DD 5.1 + 2.0
Inhalt
Softbox (Set Inhalt: 1), Einleger
Veröffentlichung
20.01.2006
FSK
Ohne Altersbeschränkung
Kinoverleih-Infos
Verleihkopien
DCP (2K, 25 fps, 5.1)
Blu-ray Disc (5.1)
35mm
Bildformat
35mm, 1:1,37
Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch (DCP, Blu-ray Disc)
Werbematerial
A1-Plakat
Lizenzgebiet
Weltweit