Back to top

Im Schatten

D 2010, 82 min

Ein Gangsterfilm auf seine Strukturen hin durchleuchtet.

Synopsis

Trojan (Mišel Matičević) ist ein professioneller Verbrecher, der auf Raubüberfälle spezialisiert ist. Aus dem Gefängnis entlassen, macht er dort weiter, wo er vor seiner Verhaftung aufgehört hatte. Doch muss er jetzt wieder fast von Null anfangen. Seinem ausgeprägten Bedürfnis nach Unabhängigkeit stellen sich zahlreiche Hindernisse in den Weg. Er steht fast ohne Geld da, und der Großteil seiner alten Kontakte erweist sich als wenig zuverlässig.

Streaming-Info

Der Film ist über unseren Vimeo-Kanal zum Leihen oder Kaufen erhältlich.
Sprache: Deutsch, Untertitel: Englisch (optional)

Pressestimmen

Thomas Arslan gelingt mit diesem Film, was auch seine früheren Arbeiten ausmachte: sehr genau hinzusehen und für seine Beobachtungen eine stimmige, ruhige Bildsprache zu finden. Neu ist jedoch, dass Arslan seinen dokumentarischen Blick auf ein Genre richtet. (Zitty Berlin)

Arslan orches­triert wie schon in seinen früheren Filmen Der schöne Tag (2001) und Ferien (2007) die Stim­mungs­lagen in diesem Thriller perfekt, ihm gelingt ein Psycho­gramm der Einsam­keit, das auf Psycho­logie ganz verzichtet. Am schönsten ist der Film aber da, wo er ganz cool Männern bei der Arbeit zusieht, in diesem Fall der Planung, Ausfüh­rung und den Nach­wir­kungen eines kleinen schmut­zigen Raubüber­falls, den Dingen, wie sie plötzlich dynamisch werden, und sich mit unauf­halt­samer Gesetz­mäßig­keit entwi­ckeln, wie eins ganz beiläufig, aber zwingend das andere ergibt, und hinter der Schönheit des Mecha­ni­schen doch immer der Abgrund sichtbar bleibt. (Rüdiger Suchsland, artechock)

Arslan verfährt in Im Schatten mit dem Raum wie in Der schöne Tag mit der Zeit: Es geht um eine synthetische Totalität, die vor allem in der Montage entsteht. In letzterem Film verging der titelgebende Tag innerhalb von 74 Minuten, ohne dass man sagen könnte, wo die restlichen 22 1/4 Stunden geblieben wären. Schließlich war alles da, was einen Tag ausmacht: Morgen, Mittag, Abend, Nacht, wieder Morgen, Essen, Schlafen, Lieben, Reden. Im Schatten nun braucht keine Berlinpostkarten in der Totale, keine Skyline, die den Schauplatz top down definieren, statt dessen entsteht die Stadt bottom up, Einstellung für Einstellung, in der Bewegung Trojans durch sie hindurch. (Lukas Foerster, Perlentaucher, 15/02/2010)

Preise und Festivals

- Berlinale Forum 2010
- BAFICI Buenos Aires International Film Festival of Independent Cinema 2010
- Copenhagen International Film Festival 2010
- Jeonju International Film Festival 2010
- Antalya Golden Boll Film Festival 2010
- Shanghai International Film Festival 2010
- Festival des deutschen Films Ludwigshafen-Mannheim 2010
- Vancouver International Film Festival 2010
- Athens International Film Festival 2010
- Internationales Film und Fernsehfestival Köln 2010
- Festival des deutschen Films Paris 2010
- Berlin and Beyond Film Festival San Francisco 2010
- Viennale Vienna International Film Festival 2010
- Estoril International Film Festival 2010
- Ljubljana International Film Festival 2010
- Gijon International Film Festival 2010
- Deutsche Filmwoche Istanbul 2010
- Tromso International Film Festival 2011
- Bradford International Film Festival 2011
- Flatpack Festival Birmingham 2011
- Trondheim International Film Festival 2011
- Titanic International Filmfestival Budapest 2011
- Würzburger Filmwoche 2011

Weitere Texte

Der Kriminelle im Alltag
(Regisseur Thomas Arslan im Gespräch mit Ekkehard Knörer über IM SCHATTEN, erschienen in TAZ, 06/10/2010)

Ekkehard Knörer: Herr Arslan, „Im Schatten“ ist neben manch anderem der Versuch, etwas ganz anderes zu probieren als zuletzt im dialogreichen Familiendrama Ferien: ein fast abstrakter Genrefilm. Die Geschichte eines Gangsters namens Trojan, der aus dem Knast kommt, Rechnungen offen hat und einen neuen Coup ausbaldowert. Wie kam es zu diesem Projekt? Verdankt es sich der Lust auf Abwechslung?

Thomas Arslan: Das sicher auch. Auf jeden Fall hatte ich einen Genre-, einen Kriminalfilm im Sinn. Ganz ursprünglich war die zentrale Figur ein Undercover-Polizist, der im Drogenmilieu ermittelt. Das hat mich dann aber immer weniger interessiert, weil einem bei den Undercover-Geschichten immer diese Identitätsfrage in die Quere kommt. Ich habe mit dem Buch völlig neu begonnen, und der Fokus hat sich dann hin zur Beschreibung der Existenz einer kriminellen Hauptfigur verschoben. Ich habe hierbei versucht, das, was sie tut, als Arbeit ernstzunehmen. Der Ausgangspunkt war: Wie könnte der Arbeitsalltag einer solchen Person aussehen?

Was sich als Bezug aufdrängt, sind die Filme von Jean-Pierre Melville mit ihren Einzelgängerfiguren, an die der von Misel Maticevic gespielte Trojan erinnert. War das ein wichtiger Einfluss?

Ein Einfluss, ja sicher, ich schätze die Filme von Melville. Aber nur ein Einfluss unter vielen. Der Ansatz ist schon ein anderer – die Melville-Figuren sind stark überhöht, mythisiert geradezu. Mir ging es im Gegensatz darum, den Kriminellen im Alltag zu verankern. In den langen beschreibenden Sequenzen der Vorbereitung eines Überfalls, der Observierung, die es in „Im Schatten“ gibt, da würde ich am ehesten eine Nähe sehen.

Da stellt sich allerdings gleich die Frage: Wie recherchiert man das? Welche Waffen? Wie hält man sie? Wie schießt man jemanden tot? Wie verfolgt man jemanden unauffällig? Man kennt das aus dem Kino und hat oft den Eindruck: Das Kino kennt das aus dem Kino. Wie fängt man das dann aber anders, von der Realität aus, an?

Ich habe recherchiert, allerdings nur das Nötigste. Ich habe keine Originalgangster getroffen. Das hatte ich schon bei „Dealer“ probiert. Davon habe ich mir in diesem Fall nicht so viel versprochen, da die zum großen Teil auch nur das Kino nachmachen. Über die Polizei kommt man an manche Informationen, oft etwas verklausuliert, aber man begreift schnell, was sie eigentlich meinen. Über bestimmte Konkretheiten, zum Beispiel die Wahl der Waffen, das System von Geldtransporten, wie man eine Geldkassette öffnet, und über alles, was für die detaillierten Abläufe wichtig war, darüber habe ich mich schon informiert.

Wie sahen die Vorbereitung, die Arbeit mit Misel Maticevic aus, der die Figur in diesem anspruchsvollen Sinn verkörpern, ihr also einen Körper, Bewegungen, Blicke, Haltungen geben muss?

Wir haben in den Gesprächen im Vorfeld eher klar abgesteckt, was wir nicht wollten. Misel ist jemand, der nicht viel psychologisches Futter braucht, sondern sich sehr lustvoll aufs Konkrete stürzt und das dann von sich aus entwickelt: Wie man eine Tasche vom Bett aufnimmt, wie man eine Waffe hineinlegt, damit das als Bewegungsablauf etwas Organisches bekommt. Misel wollte auch keine einschlägigen Filme zur Vorbereitung sehen, weil ihn das, wie er meinte, zu sehr beeinflusst hätte. Bücher waren okay, ich habe ihm da eine kleine Liste gemacht, einiges davon hat er gelesen.

Was stand denn auf der Bücherliste?

Geschichten um einzelgängerische Kriminelle, zum Beispiel. Romane von Richard Stark, Gary Disher und – vielleicht am wenigsten bekannt – Dan J. Marlowes großartiger Roman „Das Spiel heißt Tod“ aus den Sechzigern. Das sind alles Sachen, die ich sehr mag.

Auch Christian Petzold und Benjamin Heisenberg, exponierte Vertreter des deutschen Autorenfilms, haben zuletzt Filme mit starkem Bezug aufs Kriminalgenre gemacht. Das ist so auffällig, als Tendenz geradezu, dass man sich fragt, wie das kommt. Was finden die deutschen Autorenfilmer plötzlich – oder nicht so plötzlich – am Genre? Oder ist diese Häufung doch einfach Zufall?

Ich glaube nicht an die Vorstellung, dass in Filmen, die abseits des Genres angesiedelt sind, die filmische Wahrheit zwangsläufig größer ist. Genre im konkreten Sinn bedeutet für mich, dass man die "reine Autorenschaft" einmal hinter sich lassen kann; dass man nicht eine ganze Welt aus sich schöpfen und selbst bauen muss. Das war für mich eine Wohltat. Beim Genre arbeitet man mit präexistenten Mustern. Die Herausforderung besteht dann darin, diese Muster wieder zum Klingen zu bringen. Ich wollte das Genre ernst nehmen, auch meine Faszination daran. Allerdings ist mir das Kino, das nur noch mit dem Kino kommuniziert, zu wenig. Ich denke, dass sich auch über das Genre ein Fenster zur Welt öffnen lässt. Daher spielt das Konkrete der Stadt, ihre Topografie, eine wichtige Rolle in dem Film. Warum wieder mehr Genrefilme gemacht werden, dazu habe ich keine Theorie. Für mich ist es wichtig, mich nicht vorschnell in etwas einzurichten oder einzuschließen. Auch nicht im allzu Persönlichen. In dieser Hinsicht ist für mich auch das Genre eine Option.

Zwei der stärksten Szenen sind die Mordszenen. Eine ansatzlose Vollstreckung zum einen, im anderen Fall ein Schuss, ganz undramatisch, das Opfer liegt da und lebt und spricht weiter, bis es dann tot ist. Das ist ein sehr spezifischer Umgang mit dem Genreelement Gewalt, weder eine Verharmlosung noch eine Überhöhung.

Wo Kriminalfilm draufsteht, muss auch etwas Kriminalfilm drin sein. Dazu gehört auch die Darstellung der Gewalt, die ein Teil des Umfeldes der Figuren ist. Mir war es wichtig, das knapp und der Härte des Moments entsprechend zu zeigen. Ohne große Stilisierung, ohne unnötige Lust daran. In der ersten Mordszene zum Beispiel schien es mir daher richtiger, das aus der Distanz zu filmen, weil es dadurch eine unangenehme Normalität bekommt.

„Im Schatten“ ist, wie Sie sagen, zugleich ein Stadtfilm, ein Berlinfilm. Mit der ersten Einstellung als klarer Setzung. Sie zeigt die Mitte der Stadt, die Friedrichstraße, aber durch eine Fensterscheibe, mit Lichtbrechungen und Spiegelungen. Es ist, als würde diese Einstellung sagen: Ich bin inmitten der Stadt, aber ich stehe auch in einem gebrochenen Verhältnis dazu. Die Glasscheiben, die Spiegelungen sind ein Motiv, das sich durch den ganzen Film zieht.

Die erste Einstellung war nicht geplant. Das waren nicht immer programmatische Entscheidungen. Bei allen Versuchen einer sorgfältigen Vorbereitung entsteht doch vieles unbewusst oder halbbewusst. Mit den Blicken durch Fenster verhält es sich ähnlich. Ich mache das nicht systematisch. Es scheint da eine Vorliebe dafür zu geben. Vielleicht weil der Film, anders, als man zunächst vielleicht denkt, eben nicht eine Kunst des Unmittelbaren ist.

Credits

Buch und Regie
Thomas Arslan
Mit
Mišel Matičević, Karoline Eichhorn, Uwe Bohm, Rainer Bock, David Scheller, Peter Kurth, Hanns Zischler
Kamera
Reinhold Vorschneider
Kamera Assistenz
Joachim Haller, Andreas Haas
Schnitt
Bettina Blickwede
Musik
Geir Jenssen
Ausstattung
Reinhild Blaschke
Kostüm
Anette Guther
Ton
Andreas Mücke-Niesytka
Tongestaltung
Jochen Jezussek, Christian Obermaier
Mischung
Martin Steyer
Produzenten
Florian Koerner von Gustorf, Michael Weber
Produziert von
Schramm Film Koerner & Weber
In Ko-Produktion mit
ZDF/3sat
Uraufführung (DE)
15.02.2010, Berlin, IFF – Internationales Forum des Jungen Films
Kinostart
30.09.2010

DVD-Infos

Extras
„Thomas Arslan über IM SCHATTEN“ (D 2011, 8 min), „Anonyme Transit Orte – Locationfotos kommentiert vom Regisseur“ (D 2011, 22 min), Audiokommentar von Thomas Arslan, Trailer
Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Ländercode
Code-free
System
PAL / Farbe
Laufzeit
85 min + 30 min Extras
Bildformat
16:9
Tonformat
DD 5.1 + 2.0
Inhalt
Softbox (Set Inhalt: 1)
Veröffentlichung
29.04.2011
FSK
Ab 12 Jahren