Die Mischung aus dokumentarischer Wahrheitssuche und fiktionalisierender Wirklichkeitszuspitzung ist charakteristisch für die Filme von Scheffner […]. Seit 2007 hat er insgesamt fünf lange Filme zusammen mit Co-Autorin Merle Kröger realisiert, in „And-Ek Ghes...“, ebenfalls von 2016, überlassen sie den Protagonisten die Co-Regie. Die Roma-Familie Velcu filmt ihr eigenes Leben in Berlin. […] Scheffner ist ein politisch kluger und engagierter Filmessayist, der nie aufhört, Fragen zu stellen und die Wahrheitssuche zum Gegenstand zu machen. Seine Filme sind immer auch Making-ofs, die die Recherche miterzählen. Scheffner tritt meist persönlich auf, befragt die Interviewpartner, berichtet von seinen Nachforschungen, auch wenn sie in Sackgassen führen. Das Scheitern ist bei ihm Teil des Prozesses. […] Philip Scheffner schickt die Wirklichkeit in Revision, um Vielschichtigkeit aufzudecken. Die Wahrheit ist Ansichtssache, eine Frage des point of view. Diese Haltung ist nicht relativistisch zu verstehen, sondern gibt Ausdruck einer prinzipiellen Skepsis. Die epistemologische Verunsicherung zu erkennen, ist der große Scheffner-Moment. – Dunja Bialas, Der Tagesspiegel
Idealtypisch kommt in „Havarie“ zusammen, was die Filme von Philip Scheffner (und Merle Kröger) ausmacht. Sie verdanken sich stets einer Suchbewegung, gründlicher, oft jahrelanger Recherche. Es ist zu Beginn immer offen, was herauskommen, wie die Sache ausgehen, was sich an Sachverhalten, an geklärten, aber auch an ungeklärten Fragen ergeben wird. […] Am Ende steht jedoch grundsätzlich ein Film, der den Fakten wie den offenen Fragen eine angemessene, nicht selten sehr strenge Form gibt. Andere Anordnungen des Materials wären möglich, andere Medien auch, und bei „Havarie“ wie bei „Revision“ von 2012 hat Merle Kröger es in eine ganz andere, von ihr brillant beherrschte Form überführt: die des Kriminalromans nämlich. […] So konzeptuell genau und geschlossen die Filme stets gearbeitet sind: Die Wunden, von denen sie handeln, lassen sie offen und lassen darum die, die sie sehen, auf Dauer nicht los. – Ekkehard Knörer, taz