Back to top

Albert Serra

„My films are improvised, there is no script. I always use non-professional actors I know, more or less, so I intuit how they will react. I put them in situations where I ask them to say or do something so I can more or less predict how it will develop. There is a beautiful quote of Picasso’s: ‘I don’t look for things, I find them.“

Foto: Albert Serra (© Claudia Robert Malagelada)

Der katalanische Regisseur Albert Serra gilt als einer der einflussreichsten und radikalsten Vertreter des internationalen Avantgarde-Kinos. Er fiel bereits mit seinem Debütfilm „Ehre der Ritter“ (Honor de Cavalleria) bei den Filmfestspielen in Cannes 2006 durch seine ungewöhnliche Filmsprache auf, die er seither in fünf weiteren Spielfilmen und mehreren Videoinstallationen perfektioniert hat.
Serras Filme werden nie von einer geschriebenen Handlung dominiert, stattdessen übernimmt die von ihm geschaffene Atmosphäre die Funktion des Erzählens.  Ebenso eigenwillig sind die Entstehungsprozesse seiner Filme, es gibt kein Drehbuch, und Serra filmt seine Darsteller*innen mit mehreren Kameras gleichzeitig. Er schafft Situationen, gibt aber keine Regieanweisungen, im Schnitt wählt er nur Einstellungen und Momente aus, die ihm gefallen.

Wer es schafft, sich auf die Filme von Albert Serra einzulassen, wird mit einem einzigartigen Filmerlebnis belohnt. Die Schönheit der Bilder, die Körperlichkeit und die Intensität der Darsteller*innen, der langsame Schnitt und die präzise Tongestaltung schaffen einen wundersamen Sog. Serras Filme sind wie bewegte Gemälde, die scheinbar in Echtzeit ablaufen, Zeit- und Tonsprünge werden zum Ereignis. Wie kein anderer, hat es Albert Serra geschafft, seinen eigenen Stil zu kreieren und das Kino nicht nur zu bereichern, sondern zu verändern.

Filmgalerie 451 hat 2019 mit „Liberté“ begonnen die Filme von Albert Serra in Deutschland zu veröffentlichen, inzwischen sind alle Spielfilme und eine Auswahl seiner Videokunst mit deutschen Untertiteln fürs Kino und Online verfügbar. Der Film „Gesang der Vögel - El cant dels ocells“ wurde 2021 von Filmgalerie 451 in 4K restauriert.

Biografie

Der Videokünstler, Film- und Theaterregisseur Albert Serra wurde 1975 in der Stadt Banyoles geboren. Nach dem Studium der Philosophie und Literatur an der Universität von Barcelona schrieb er Theaterstücke und produzierte verschiedene Video-Arbeiten. Internationale Anerkennung erhielt Serra mit seinem ersten Spielfim „Honor de Cavalleria“ (Honor of the Knights), eine freie Adaption des Romans „Don Quijote“, den er mit nicht-professionellen Schauspieler*innen aus seinem Heimatort inszenierte. Der Film wurde in Cannes bei der „Directors’ Fortnight“ 2006 gezeigt. Für seinen zweiten Spielfilm „Le Chant des Oiseaux“ (Birdsong) ließ sich Serra von einem traditionellen, katalanischen Weihnachtslied inspirieren, „El Cant dels ocells“. Mit der gleichen Gruppe nicht-professioneller Schauspieler erzählt er die Geschichte von den Heiligen Drei Königen, welche dem „Sterndeuter“ folgen, um Jesus zu finden. 2013 gab das Pariser Centre Pompidou Serra eine Carte blanche, welche ihm eine Korrespondenz mit dem argentinischen Regisseur Lisandro Alonso ermöglichte. Im gleichen Jahr wurde Serra mit dem Goldenen Leoparden beim Locarno Film Festival für seinen neuen Film „Histoire de ma Mort“ (Story of my Death) ausgezeichnet, der von den Memoiren Casanovas inspiriert ist. Serras Film „La Mort de Louis XIV“ (The Death of Louis XIV), mit Jean-Pierre Léaud in der Rolle des Sonnenkönigs, wurde 2016 im Programm der Offiziellen Auswahl der Internationalen Filmfestspiele von Cannes uraufgeführt. „Liberté“, mit Helmut Berger, Marc Susini und Baptiste Pinteaux in den Hauptrollen, ist die filmische Umsetzung seines gleichnamigen Theaterstücks von 2018 an der Berliner Volksbühne, das mit dem Sonderpreis der Jury bei der Un Certain Regard-Auswahl 2019 in Cannes gewann. 2022 kehrt er mit „Pacifiction“ in der offiziellen Auswahl im Wettbewerb nach Cannes zurück.

Vollständige Filmografie

PACIFICTION / TOURMENT SUR LES ÎLES, 2022, 163 min
LIBERTÉ, 2019, 132 min
PERSONALIEN, 2019 (instalation of 2 screens, 86 min)
DER SONNENKÖNIG (ROI SOLEIL), 2018, 62 min
DER TOD VON LUDWIG XIV. (LA MORT DE LOUIS XIV), 2016, 115 min
SINGULARITY, 2015, (instalation of 5 screens, 726 min)
CUBA LIBRE, 2014, 18 min
GESCHICHTE MEINES TODES (HISTÒRIA DE LA MEVA MORT), 2013, 148 min
THREE LITTLE PIGS, 2012, 6060 min
DER HERR HAT WUNDER IN MIR GEWIRKT (EL SENYOR HA FET EN MI MERAVELLES), 2011, 146 min
DIE NAMEN CHRISTI (ELS NOMS DE CRIST), 2010, 193 min
DER GESANG DER VÖGEL (EL CANT DELS OCELLS), 2008, 93 min
EHRE DER RITTER (HONOR DE CAVALLERIA), 2006, 107 min

Statements

„Ich will kraftvolle Bilder erzeugen, es gibt für mich keinen anderen Weg. Ich habe versucht, in einigen Filmen mehr Leichtigkeit zu finden, es gibt ironische Momente in allen. Aber nur mit Ironie lässt sich kein Film machen. Ein Film ist ein Kunstwerk, das Kino gehört zur zeitgenössischen Kunst. Also ist ein organischer Zugang notwendig, ein Gefühl der Wahrhaftigkeit: Je gewaltvoller dieses Gefühl ist, desto mehr Energie entsteht. Nur wenn ich starke Bilder erzeuge, wecken sie Interesse und setzen Energie frei. Ohne eine solche Energie bleibt alles trockene Theorie. Wenn ich beim Dreh in der Gruppe für Reibung sorge, will ich, dass die andern gegen mich rebellieren. Das beflügelt den Prozess. Einigen ist das zu viel. Aber eine solche Vorstellung des Aufruhrs schafft ein Gefühl, das größer ist als jede Idee – das jede Idee und Bedeutung zerstört.

Für mich ist der wichtigste Aspekt des Kinos, dass es Fantasien herstellt. Die Kamera nimmt der Realität, der Natur ihre inneren Zusammenhänge und verknüpft sie mit Absichten und Gestaltungsweisen. Sie macht die Realität origineller, interessanter, energetischer. Darin liegt für mich der Kern. Sie kann einfangen, was dem Auge entgeht. Das Auge ist menschlich, wird müde, lässt sich ablenken, gehorcht Ideen. Die Kamera hingegen steht einfach da. Von den Utopien, die vor und hinter ihr liegen, bleibt sie unberührt.” (Albert Serra, Auszug aus einem Interview mit Dennis Vetter, taz, 2019)

„Connected to this notion of dehumanization through mechanical action, I’ve always been interested in the fact that a film camera operates clinically. The camera never gets tired, it doesn’t think, doesn’t listen, doesn’t see beyond the frame. The eyes and the mind of the director are the ones that provide filmmaking with a human touch. This is why I never look through the camera viewfinder or at the monitor while we’re shooting—to keep a human perspective not corrupted by the machinal perspective of the camera. With its merciless, tireless vision, the camera reveals things that the human eye doesn’t see. This is why I love shooting very long scenes. Sometimes we shoot for 30 minutes or even for one hour with no cuts, never stopping. There’re few filmmakers that trust so much in the mechanical nature of the camera. You have a documentarian like Wang Bing who shoots very long scenes, but he doesn’t have to deal with a fictional setting and with actors, except in his few fiction features.” (Albert Serra, excerpt from an interview with Manu Yáñez Murillo, filmcomment.com)

Filme im Programm

FR, ES, DE, PT 2022, 165 min

Ein in Tahiti gedrehter Thriller, der im Schatten der Atomtests spielt. Einer der eigenwilligsten und schönsten Filme des Jahres.

DE/FR/PT/ES 2019, 132 min

1774, ein erotisches Nirwana irgendwo zwischen Potsdam und Berlin, kurz vor der Französischen Revolution.

ROI SOLEIL, Spanien 2018, 62 min

Die letzte Stunde des französischen Monarchen Ludwig XIV. als Galerie-Performance.

LA MORT DE LOUIS XIV, F/Spanien/Portugal 2016, 115 min

Leid und Sterben machen auch vor den Mächtigsten, ja Absoluten nicht Halt.

Spanien 2014, 18 min

Eine Hommage an Rainer Werner Fassbinder und seinen Schauspieler Günther Kaufmann.

​HISTÒRIA DE LA MEVA MORT, F/Spanien 2013, 148 min

Zusammen mit seinem neuen Diener begibt sich Casanova auf eine Reise in die Karpaten, zu Dracula.

EL SENYOR HA FET EN MI MERAVELLES, Spanien 2011, 146 min

Ein Road Movie – auf den Spuren von Don Quijotes mythischen Schauplätzen.

ELS NOMS DE CRIST, Spanien 2010, 193 min

Ein für eine Ausstellung konzipierter Episodenfilm, unterteilt in 14 Kapitel, analog zu den 14 Stationen des Kreuzwegs Jesu.

EL CANT DELS OCELLS, Spanien 2008, 93 min

Die Heiligen Drei Könige auf ihrer Reise. Sie suchen den Messias, der gerade geboren wurde. 

HONOR DE CAVALLERIA, Spanien 2006, 107 min

Nach dem Roman „El ingenioso hidalgo Don Quijote de la Mancha“ von Miguel de Cervantes.

Filme im Programm

FR, ES, DE, PT 2022, 165 min

Ein in Tahiti gedrehter Thriller, der im Schatten der Atomtests spielt. Einer der eigenwilligsten und schönsten Filme des Jahres.

DE/FR/PT/ES 2019, 132 min

1774, ein erotisches Nirwana irgendwo zwischen Potsdam und Berlin, kurz vor der Französischen Revolution.

ROI SOLEIL, Spanien 2018, 62 min

Die letzte Stunde des französischen Monarchen Ludwig XIV. als Galerie-Performance.

LA MORT DE LOUIS XIV, F/Spanien/Portugal 2016, 115 min

Leid und Sterben machen auch vor den Mächtigsten, ja Absoluten nicht Halt.

Spanien 2014, 18 min

Eine Hommage an Rainer Werner Fassbinder und seinen Schauspieler Günther Kaufmann.

​HISTÒRIA DE LA MEVA MORT, F/Spanien 2013, 148 min

Zusammen mit seinem neuen Diener begibt sich Casanova auf eine Reise in die Karpaten, zu Dracula.

EL SENYOR HA FET EN MI MERAVELLES, Spanien 2011, 146 min

Ein Road Movie – auf den Spuren von Don Quijotes mythischen Schauplätzen.

ELS NOMS DE CRIST, Spanien 2010, 193 min

Ein für eine Ausstellung konzipierter Episodenfilm, unterteilt in 14 Kapitel, analog zu den 14 Stationen des Kreuzwegs Jesu.

EL CANT DELS OCELLS, Spanien 2008, 93 min

Die Heiligen Drei Könige auf ihrer Reise. Sie suchen den Messias, der gerade geboren wurde. 

HONOR DE CAVALLERIA, Spanien 2006, 107 min

Nach dem Roman „El ingenioso hidalgo Don Quijote de la Mancha“ von Miguel de Cervantes.

Aktuell

Alle Filme* von Albert Serra sind bei uns im Kinoverleih verfügbar, viele erstmals mit deutschen Untertiteln und restauriert als 2K DCP. PACIFICTION starten wir am 2. Februar 2023 in den deutschen Kinos. Einzelne Filme sind auch bereits online erhältlich.
*(DER TOD VON LUDWIG XIV ist im Verleih von Grand Film erhältlich.)