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Org

I 1967–1978, 177 min

ORG ist ein monströser, seit seiner Uraufführung beim Festival von Venedig 1979 äußerst selten gezeigter, knapp dreistündiger Film.

Synopsis

Der heute 91-jährige Regisseur, Dichter, Maler, Lehrer und Gründer von Filmschulen gilt seit seinem Debütfilm Tire Dié als eine zentrale Figur des lateinamerikanischen Kinos. Für Birri war der Film das Ergebnis seiner italienischen Exilerfahrung: „Der Film ORG ist ein Alptraum mit geschlossenen Augen, weil er zu den schrecklichsten Augenblicken meines Lebens zählt, zu meinem zweiten Exil, das sehr lange dauerte.“ Die Geschichte von ORG basiert auf einer antiken indischen Legende, die auch Thomas Mann in seiner Erzählung „Die vertauschten Köpfe“ aufgegriffen hat. Vor allem aber ist der Film ein Wahrnehmungsexperiment mit über 26.000 Schnitten und knapp 700 Tonspuren.
Teils finanziert vom Hauptdarsteller Mario Girotti, auch bekannt als Terence Hill, ermöglicht ORGeinen kaleidoskopartigen Einblick in die experimentellen, ästhetischen und politischen Strömungen der 1970er Jahre.

Birri überließ dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. 1991 eine 35-mm-Kopie des Films, die im Rahmen des Projekts „Living Archive“ digitalisiert wurde.

 

Texte zum Film

Fernando Birri
Geboren 1925 als Nachkomme italienischer Auswanderer in Santa Fe de la Vera Cruz, Argentinien. Er studierte Filmregie in Rom, kehrte 1956 nach Argentinien zurück und gründete in seiner Geburtsstadt das Instituto de Cinematografía de la Universidad del Litoral, die erste Filmschule Lateinamerikas. Der Regisseur, Dichter, Maler und Lehrer gilt seit seinem Langfilmdebüt, dem sozialkritischen Dokumentarfilm Tire Dié, als einer der Begründer des Neuen Lateinamerikanischen Kinos.

Filmografie (Auswahl)
1951 Selinunte · Alfabeto Notturno (Night School in Toretta) 
1953 Immagini popolari siciliane profane; Koregie: Mario Verdone 
1959 La verdadera historia de la primera fundacion de Buenos Aires 
1960 Tire dié · Buenos días, Buenos Aires 
1961 Los inundados (Flooded Out) 
1963 La pampa gringa 
1967 Castagnino, diario romano 
1979 ORG 
1983 Rafael Alberti, un retrato de poeta 
1984 Remitente: Nicaragua / Carta al mundo 
1985 Mi hijo el Chè 
1988 Un senor muy viejo con alas enormes · Diario de Macondo 
1997 Chè: Muerte de la utopía? 
1999 El siglo del viento 
2006 ZA 05. Lo viejo y lo nuevo 
2007 Elegia Fruiliana 
2011 El Fausto Criollo

Pressestimmen

Ein in jeder Beziehung exzessiver Film, bei dem sich das Experimentalkino von seiner verspieltesten und albernsten Seite zeigen darf und das Rauschhafte nicht nur Behauptung bleibt. Und dann ist da auch noch Terence Hill, der Fernando Birris Projekt nicht nur mitfinanziert hat, sondern auch ausgiebig seinen Astralkörper präsentiert und sogar eine Parodie auf seine Westernrollen gibt.(critc.de, 2.2017, MK)

Wer nur einen Film auf dieser Berlinale sehen will, sollte es mit diesem versuchen: der vom „Living Archive“-Projekt des Arsenals vorgenommenen Restauration eines der wildesten Werke der Filmgeschichte, des 1979 zum ersten Mal gezeigten „ORG“. (Diedrich Diederichsen, taz, 9.2.2017)

"ORG" wühlt sich mit einem verspielten Furor heiligen Ernsts durch die Unterbewusstseins-Mantsche seines Entstehungsjahrzehnts. Es gibt nichts, was sich dieser gefräßige Film an neuen Trieb- und Schubkräften seiner Zeit nicht einverleibt. Er handelt vom Aufbruch: Vom Aufbruch zum Mond, vom Aufbruch zu neuen Beziehung- und Bewusstseinsformen, vom politischen Aufbruch, vom (in jeder Hinsicht) Aufbruch der Filmformen, aber auch vom Aufbruch der semantischen Ketten (ob sie nun drogeninduziert sind oder nicht), vom Aufbruch der Sinnstrukturen, ja von Sinn überhaupt.(Thomas Groh, perlentaucher.de, 9.2.2017)

 

Preise und Festivals

Internationalen Filmfestspiele Venedig 1979 - World premiere

Weitere Texte

Wir befinden uns in der Zukunft einige Jahre nach der Explosion des Großen Atompilzes; der Schwarze Grrr hilft seinem weißen Freund Zohommm bei der Eroberung der Geliebten Shuick. Einige Zeit später befragt der wegen seiner Frau und seines Freundes eifersüchtige Zohommm an einem gemeinsamen interplanetaren Wochenende eine alte elektronische Ruine, die Kybernetische Sybille. Als Antwort erhält er die Bestätigung seines Verdachtes und verzweifelt köpft er sich.

Als der Freund ihn tot auffindet, köpft auch er sich, und Shuick verzweifelt, als sie beide findet. Sie will sich gerade in den Abgrund stürzen, als Sybille sie aufhält und ihr erlaubt, den beiden das Leben zurückzugeben.

Shuick erweckt die beiden zu neuem Leben, setzt aber aus Versehen (oder nicht?) den Kopf des einen auf den Körper des anderen. Es entsteht ein Streit zwischen dem Kopf Zohommms (und dem Körper Grrrs) und dem Körper Zohommms (mit dem Kopf Grrrs) über die Frage, mit wem die Frau jetzt gehen wird: Ist der Mann sein Kopf oder sein Schwanz?

Um das Dilemma zu lösen, begeben sich die drei zu Toute-la-mémoire-du-monde, einem uralten Weisen, der in Besitz der irdischen Wissenschaft und Kultur ist, und der jetzt einen einsamen Winterschlaf auf einem Asteroiden hält. Das Urteil Toutes gibt dem Kopf von Zohommms recht, und so werden Shuick und Zohommm glücklich. Grrr mit seinem neuen weißen Körper wählt betrübt den Weg des Exils.

Die Zeit vergeht, Shuick gebärt ein Kind; der neue schwarze Körper Zohommms verblaßt und Shuick beginnt wieder an Grrr zu denken. Sie unternimmt mit ihrem Sohn eine intergalaktische Reise, um ihn zu suchen; Zohommm folgt ihr heimlich und entdeckt sie schließlich, als sie sich mit Grrr liebt. Erneut Zorn und Eifersucht von Zohommm.

Die drei Freunde analysieren mögliche Lösungen für ihr Problem, aber da sie zu sehr durch ihr irdisches Erbe geprägt sind, kommen sie zu dem Schluß, daß das Glück zweier von ihnen unausweichlich zur Unglückseligkeit des dritten führt. Angesichts der Unfähigkeit, ein mögliches Gleichgewicht herzustellen, zerstören sie sich selbst und vererben dem Kind – in der Hoffnung auf ein harmonischeres Leben – ihre besten Eigenschaften: Schönheit, Kraft, Intelligenz.

[Fernando Birri. Materialien und Dokumente, zusammengestellt von Peter Kürner, Oberhausen: Kurzfilmtage 1987, S. 130–131, Übersetzung: Beate Sonntag]

Credits

Buch und Regie
Fernando Birri
Mit
Terence Hill, Lidija Juraçik, Isaac Twen Obu, Nolika Pereda, Pietro Santalamazza, Francesco Di Giacomo
Kamera
Mario Masini, Ugo Piccone, Mario Vulpiani, Houston Simmons, Cesare Ferzi
Schnitt
Fernando Birri, Paolo Zamattio, Giuliano Nucci, Settimio Presutto
Musik
Sergio Pagoni, Enrico Rava
Kostüm
Nato Frasca, Dafne Ciriacchi, Giacomo Carlo Carducci, Sandro La Ferla
Ton
Eugenio Rondani, Houston Simmons
Sound Design
Fernando Birri
Visual Effects
Fernando Birri, Settimio Presutto
Produzent
Terence Hill
Weltpremiere
Internationalen Filmfestspiele Venedig 1979

DVD-Infos

Extras
ORG, EIN VIDEO-ESSAY (2013, 24 min, Deutsch), Booklet (68 Seiten, Deutsch und Englisch), Publikumsgespräch mit Settimio Presutto (Audiomitschnitt, Spanisch und Deutsch), Tagebuch zu ORG (PDF, Italienisch)
Sprache
Italienisch
Untertitel
Englisch, Deutsch
Laufzeit
177 min + 24 min Extras
Ländercode
0
Bildformat
4:3
Tonformat
Dolby Digital 2.0
System
PAL, Farbe
Veröffentlichung
03.03.2017
FSK
Info-Programm gemäß §14 JuSchG