Back to top

Jimmy Orpheus

D 1966, 52 min

Ein Streifzug durch das nächtliche St. Pauli – Kultregisseur Roland Klick lässt zwischen Nouvelle Vague, deutschem Beat und totaler filmischer Verrücktheit für den Bruchteil einer zehntel Sekunde eine junge Liebe aufflammen. Ein modernes Orpheus und Eurydike.

Synopsis

Nach der Arbeit sind da zum einen die nächtlichen Straßen mit all ihren Vergnügungslokalen und Spelunken, durch die sich der Hafenarbeiter Jimmy, ein junger Bursche, der nichts zu verlieren hat, treiben lässt. Und zum anderen ist da ein Mädchen, mit langen Wimpern aus Bierdeckeln und einem Mantelkragen, den sie hochschlägt bis unter die Augen. Um Kopf und Kragen also redet sich unser Protagonist, fast 52 Minuten lang – die volle Länge des Films – doch für romantische Liebe scheint es auf dem Pflaster der Stadt keinen Platz zu geben. Da hilft nichtmal ein Ring als Geschenk (oder Bezahlung), um sich wenigstens für eine Nacht aneinander zu binden.

Streaming-Info

Der Film ist über unseren Vimeo-Kanal zum Leihen oder Kaufen erhältlich. Weitere Anbieter siehe „Film kaufen“.
Sprache: Deutsch, Untertitel: Englisch

Pressestimmen

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Dieser Maxime folgend, inszeniert Roland Klick in seinem mittellangen Film „Jimmy Orpheus“ (1966) einen Blues über ein Leben mit all seinen Rückschlägen und wenigen Glücksmomenten, komprimiert in einer einzigen Nacht. Mit seinem fiebrig alternierenden Rhythmus lässt „Jimmy Orpheus“ keine Müdigkeit aufkommen, rüttelt uns immer wieder aufs Neue wach, damit wir bloß jeden Augenblick dieser kurzen Nacht in seiner vollen Intensität auskosten können. (Michael Kienzl, Critic.de)

Die Geschichte um JIMMY ORPHEUS (1966), kein Kurzfilm mehr, aber auch vom Spielfilm noch weit entfernt, ist exemplarisch für Klicks Filmographie. Nach drei Kurzfilmen war für Klick klar, daß der nächste Film ein langer sein würde. (Andreas Busche, Splatting Image 03/99)

Zu Klicks Prinzip gehörte es von jeher, das Chaos zuzulassen. (...) Die „Produktionsbedingung“ Wirklichkeit ist tief in seine Filme eingeschrieben. Und ging das mal daneben, hat es doch Charme. Besonders schön in dieser Hinsicht ist Klicks Geschichte, wie der bei den Aufnahmen zu JIMMY ORPHEUS bei einer Verfolgungsjagd auf St. Pauli einen – zuvor von ihm vollkasko versicherten – Leihwagen mit Karacho an einen Laternenpfahl setzte, der Kameramann jedoch, als er Klick auf sich zurasen sah, in Panik alles stehen und liegen ließ, so dass die naturgemäß nicht wiederholbare Aufnahme unterblieb und die Zuschauer darum mit einer akkustischen Simulation dieser Verschrottungsaktion aus dem Off vorliebnehmen müssen. (Jörg Schöning, Szene Hamburg, 12.12.1997)

Klaus Schichan als moderner Orpheus in der Unterwelt: seine Begierde für die schöne Ortrud Beginnen läßt die beiden eine schlaflose Nacht lang durch Hamburgs Straßen und U-Bahn-Stationen taumeln. Eine wild improvisierte Liebesgeschichte zwischen nouvelle vague, deutschem Beat und totaler filmischer Verrücktheit. (diagonale.at, 1999)

Preise und Festivals

- FBW-Prädikat: »Wertvoll«

Weitere Texte

Roland Klicks JIMMY ORPHEUS ist ein Film, den man gesehen haben muss. Produziert wurde der Film mit den geringsten Mitteln, aber im Geist, einen Langfilm zu machen. Das sich hier irgendwann eine Sollbruchstelle im Produkt einfurcht, war zu erwarten. Roland Klick tat das Beste draus und war dabei so gut, dass sich heute zwischen Entstehung qua Behelfs und Betrachtung des fertigen Films eine nicht zusammenfügbare Unterbrechung auftut. Denn JIMMY ORPHEUS wirkt wie gewollt, von simpler Notwendigkeit, die Menschen zu zeigen, wie sie sind.

Ulrich von Berg zitiert einige treffsichere Kritiken der Zeit
Auszug aus Das Kino des Roland Klick, erschienen in der edition filmwerkstatt, Essen 1993

Raimund Le Viseur erzählt im Berliner Abend einfach die Geschichte des Films, und zwar mit Worten, die so perfekt den Stil des Film treffen, dass man dem Mann nur neidlos gratulieren kann: „Ein junger Gelegenheitsarbeiter kann, sozusagen, seinen Nagel nicht einschlagen. Er fährt nach St. Pauli. Er quatscht Mädchen an. Er säuft. Er spielt Flipper. Er gerät in Schlägereien. In dieser tristen Nacht trifft er ein Mädchen. Was macht sie, woher kommt sie? Geht sie auf den Strich? Immer wieder lässt sie sich abschleppen – immer wieder kehrt sie in dieser Nacht zu ihrem streunenden Typen zurück. Es wird Morgen. Das Mädchen geht vor in die Pension; endlich soll das Bett frei sein... Er wartet. Er wartet umsonst. Sie ist verschwunden. Die Nacht ist vorbei.“
Dem Autor des Boulevardblatts genügt diese Geschichte und die Stimmigkeit, mit der Klick sie erzählt, er fühlt sich nicht herausgefordert, die Handlung der beiden Protagonisten zu werten, und er weiß zu würdigen, wie zielsicher der Regisseur die richtigen Realitätspartikel aus dem sozialen Umfeld seiner Geschichte herausbricht, dem Zuschauer zur näheren Betrachtung anbietet und so ständig den visuellen Reichtum des Films mehrt. Close-ups sind die dominierende Einstellungsgröße, close-ups von Autos, Schaufensterauslagen, Hausfassaden, Biergläsern, Flippermaschinen, U-Bahnschächten und von Gesichtern, denen man dabei zusehen kann, wie sie sich ihren Reim auf das Vergnügungsangebot der Stadt machen. Diese Arbeit nimmt Roland Klick ihnen nicht ab und dem Zuschauer erst recht nicht. Aus dieser Oberflächenspannung, auf die es Klick vorrangig ankommt, zieht Le Viseur die richtigen Schlüsse: „Bei Klick wirken die Klischees und Kulissen des Wirtschaftswunders nicht steril wie bei seinen Kollegen. Wovor viele verzagen, er vermag es zu bewältigen: die fatale Eintönigkeit der Bundesrepublik als Filmplatz, diese Städte, die aus Resopalplatten gemacht zu sein scheinen. Klick ist kein ‚Reporter‘. Was ihn vor allem auszeichnet: Er geht ran an die Menschen. Sie interessieren ihn. Und dann modelliert er sie. So kommt es, daß man immer gespannt bleibt. Man reißt die Augen auf. Die kleinste Reaktion auf einem Gesicht ist ein Beitrag. Menschen sprechen sich aus, ohne zu reden...“

Galerie Extras

Robert van Ackeren und Roland Klick bei den Dreharbeiten zu JIMMY ORPHEUS. Die beiden realisierten den Film neben ihren zwei Darstellern fast ausschließlich alleine. Roland Klick erinnert sich: „Wir hatten eine einzige Hilfskraft, alles andere haben Robert van Ackeren und ich selbst gemacht, was auf einen Zwanzigstundentag hinauslief. Irgendwo war das auch ein Opfergang. Der Robert fiel eines Tages auf dem Bahnsteig einer U-Bahnstation in Ohnmacht und lag da (...). Schließlich mußten wir uns eingestehen, daß wir keinen Film hatten, sondern allenfalls einen halben.“

Credits

Buch, Regie, Schnitt und Musik
Roland Klick
Mit
Klaus Schichan, Ortrud Beginnen
Kamera
Robert van Ackeren
Produzenten
Hanns Eckelkamp, Ernst Liesenhoff
Uraufführung
11.10.1966, Internationale Filmwoche Mannheim

DVD-Infos

JIMMY ORPEUS ist auf der DVD ROLAND KLICK FILME in der Roland Klick - DVD-Collection erschienen, sowie auf der Einzel-DVD DAS KINO DES ROLAND KLICK.

Kinoverleih-Infos

Verleihkopien
Blu-ray Disc
35mm (über Deutsche Kinemathek)
Bildformat
35mm, 1:1,37
Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Lizenzgebiet
Weltweit