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Der Tod von Ludwig XIV.

LA MORT DE LOUIS XIV, F/Spanien/Portugal 2016, 115 min

Leid und Sterben machen auch vor den Mächtigsten, ja Absoluten nicht Halt.

Synopsis

Der Sonnenkönig Ludwig XIV. – eine Paraderolle für die Truffaut-Ikone Jean-Pierre Léaud – verspürt im August 1715 nach einem Spaziergang plötzlich Schmerzen im Bein. Die nächsten Tage verbringt er in seiner Kammer, führt die Regierungsgeschäfte bestmöglich weiter und gleitet allmählich seinem Tod entgegen. Ein Historienfilm als Kammerspiel, Opulenz auf engstem Raum, der Totentanz eines Bettlägerigen – während um den Kranken herum schon so eifrig wie eifersüchtig an der Zukunft ohne ihn gebastelt wird.

Streaming-Info

Der Film ist über unseren Vimeo-Kanal zum Leihen oder Kaufen erhältlich.
Sprache: Französisch, Untertitel: Deutsch

Pressestimmen

Eine hypnotisierende Elegie. – New York Times

60 Jahre nachdem Jean-Pierre Leaud mit SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN seinen Durchbruch hatte, inszeniert Albert Serra ihn als sterbenden Sonnenkönig in einer pompösen, majestätischen Studie über Tod und Vergänglichkeit. Sicherlich der schönste Film in Cannes 2016. – Sight & Sound

Ohne jede zynische Schlaumeierei nimmt sich der Katalane Serra in seinen Filmen der großen Themen und Figuren der Kulturgeschichte an, und allen begegnet er mit der ihm eigenen Neugier. Diesmal ist es der französische Sonnenkönig Louis XIV, im Moment seines langsamen und schmerzlichen Verlöschens. In einer Folge höfischer Zeremonie, alltäglicher Verrichtungen, kleiner Freuden und großer Schmerzen spielt der einzigartige Jean-Pierre Léaud fast ohne jede Gestik und Mimik die zugleich komische und erschütternde Begegnung eines Menschen mit dem Tod. Ein Kino ganz von dieser Welt. Und wie von einem anderen Stern. – Viennale

Preise und Festivals

- Official selection Festival Cannes 2016 - Honorary Palme d'Or to Jean-Pierre Léaud
- Jean Vigo Award to Albert Serra 2016 - Best Film
- Lumières Awards - Best Actor, Best Cinematography
- Special Feroz Award 2017
- Gaudí Award 2017 - Best Costume to Nina Avramovic
- Gaudí Award - Best Hairdress and Makeup to Antoine Mansini and Marion Vissac
- Prix Lumière 2017 - Best actor Jean-Pierre Léaud
- Prix Lumière - Best Cinematographer to Jonathan Ricquebourg 
- Jerusalem Film Festival - The Wilf Family Foundation Award for Best International Film
- 19th Festival du film français, Czech Republic - Gran Prix 2016 Best Cinematographer Jonathan Ricquebourg (Ostrava Camera Oko)
- Filmfest München 2016
- Taipei Film Festival 2016
- New Zealand IFF 2016
- Melbourne IFF 2016
- Indifestival Saô Paulo & Belo Horizonte 2016
- Toronto International Film Festival 2016
- 54th New York Film Festival 2016
- Busan International Film Festival 2016
- BFI London Film Festival 2016
- Viennale 2016 
- Vancouver International Film Festival 2016
- 57th Thessaloniki International Film Festival
- Mar del Plata International Film Festival 2016
- International Film Festival Rotterdam 2017
- Istanbul FF, Turkey
- dOCUMENTA 14 – Keimena, Greece
- Göteborg IFF, Sweden 2017
- Milano Film Festival 2016
- 27º Festival Internacional de Cinéma Marseille
- 16th T-Mobile New Horizons, Wroclaw
- 14th Vladivostok, Pacific Meridian Festival
- Festival de Cine Espanyol en Toulouse 2016
- XIII Sevilla Festival de Cine Europeo 2016
- 23-FICValdivia, Chile
- Festival International du Film Independant de Bordeaux
- Film Festival Gent, Belgium
- Scanorama, Lithuania
- Yale University, New Haven
- Geneva International Film Festival, Tous Ecrans
- Festival de Cine de Cali, Colombia
- CINEUROPA, Santiago de Compostela
- Muestra de Cine Europeo Ciudad de Segovia 2016
- Around the World in 14 Films, Berlin
- 22nd Auteur Film Festival Belgrade, Serbie
- 17th Tbilisi Film Festival, Georgia
- 14th Human Rights Film Festival Zagreb, Croatie
- Costa Rica International Film Festival
- Korean Film Archive, Corée du Sud
- Gwanju Cinematheque Goa IFF, India
- Punta del Este, Uruguay 2017
- Franska Film Festival, Sweden
- Universidad Catolica de Chile
- New Horizons International Film Festival-Wroclaw 2019

Weitere Texte

If LA MORT DE LOUIS XIV. seems more reverent than my past work, it’s because of the subject. In this story there’s a unity of time, a unity of space, a unity of action, a unity of character. It’s difficult to be iconoclastic here, without just being provocative with empty ideas. So there’s a more inherent homogeneity to the film. And in the end it might be more conventional, which I am a little bit ashamed of [laughs]. I’m sure everyone was expecting more crazy things. But this was the best possible edit for the film. If crazy ideas would have worked better for the film, then I would have done it. – Albert Serra
 

Die Krankheit bin ich
von Kamil Moll

„Die Wohnung wurde lebendig, als Jean-Pierre sie betrat“, schreibt Olivier Assayas Mitte der 90er-Jahre in einem Text, der in dem Buch „Présence“, Präsenz, Anwesenheit, Gegenwart, erscheinen wird. „Ich kann immer noch die Anspannung fühlen und erinnere mich an die Stille, die dann einzog.“ Jean-Pierre, das ist Jean-Pierre Léaud, die Wohnung einer der Orte von Assayas’ Film „Paris s’éveille“. Léaud ist hier mit 46, 47 Jahren ein middle age man, der inmitten viel jüngerer Menschen dennoch nicht alt wirkt. Es ist nicht die Methode des Schauspiels, es sind nicht mal der Charakter und das Verhalten der Figur, es ist das pure Dasein, Im-Bild-Sein Léauds, in das andere Bilder eingeschrieben sind: die Doppelprojektion der Nouvelle Vague – das Lebendige, Street-Smarte in den Gesichtszügen durch Truffaut, die intellektuelle Aggression des Blicks durch Godard. Später die Altersspuren als lang hinausgezögertes, bittersüß ausgekostetes Coming of Age bei Eustache und Garrel. Ich weiß nicht, wie es ist, Jean-Pierre Léaud auf der Straße zu begegnen, aber taucht er in einem Filmbild auf (auftauchen auch als: aus der Tiefe des Bildes heraus), hallt in diesem Bild immer der Nachklang des Moments, in dem das Kino mit ihm, durch ihn bewusst jung sein wollte. Sein tatsächliches Alter markiert den Abstand der Gegenwart zu diesem Moment.

Ein anderer Raum, ein Film, der zweieinhalb Jahrzehnte später entsteht, das Schlafzimmer des Sonnenkönigs vor 300 Jahren: „La mort de Louis XIV“ von Albert Serra. Jean-Pierre, Ludwig der Vierzehnte, liegt auf einem Bett – ein Schauspieler Anfang 70 spielt einen König Ende 70 in den letzten zwei Wochen seines Lebens. Ein Halstuch, eine mit goldenen Knöpfen geschlossene Weste, die rote Hose bis zu den Knien, darunter lange weiße Strümpfe. Gäste stehen in der Tür, fordern den König auf, aufzustehen und mitzufeiern. Aber Ludwig will nicht, später weiß man auch, er kann nicht. Er ruft einem Diener zu, ihm seinen Hut zu bringen, es sind dessen Schritte zu hören, der Hut wird zeremoniell ins Bild getragen, Ludwig legt ihn auf die Brust, fasst Atem, setzt ihn auf, wendet den Kopf, macht mit dem Hut eine langsame, elegant aus dem Handgelenk gedrehte Bewegung zu seinen Gästen. Blouin, nimm den Hut weg, sagt er. Es sind wieder Schritte zu hören, und ein Diener verschwindet mit dem Hut aus dem Bild. Klatschende Hände und Verbeugungen. Der König nimmt nicht mehr teil, aber er ist anwesend.

Die Gesten, die Kleidung, sie sind der Rest der absolutistischen Repräsentation - zunächst werden die Bewegungen verschwinden, zuletzt das Dekorum der Kleider, als die Verhüllung dem hilflos kranken Körper nichts anderes mehr zurückgeben kann als Schmerzen. Dabei beginnt der erste der letzten 15 Tage von Ludwig XIV. mit der Ironie des Aufbruchs: In einem Rollstuhl wird er durch den Garten von Versailles gefahren. Allez, ruft er aus, vorwärts, auf geht’s. Doch es wird die letzte geglückte Bewegung des Königs bleiben: Sein linkes Bein ist von Fäulnis befallen, der Wundbrand wird nicht erkannt. Zuerst verzweifeln die Mediziner des Hofes, dann die Ärzte der Sorbonne und schließlich ein Wunderheiler, der sein Elixier aus Stiersperma und Froschfett destilliert.

Entstanden ist „La mort de Louis XIV“ ursprünglich aus einer Auftragsarbeit des Centre Pompidou: 15 Tage wollte Serra Léaud in einen Saal legen, umgeben von einem Glaskäfig, durch den der Museumsbesucher das Sterben des Königs als performativen Langzeitakt erleben sollte. Die Performance scheiterte an mangelndem Budget, aus dem zur Verfügung stehenden Geld ergab sich der Film. Der Medienswitch hätte dem Projekt die körperliche Unmittelbarkeit nehmen können, er fügte ihm Intimität hinzu: Außerhalb des Bettes liegt nicht der gläserne Zuschauerraum, liegt kein Licht, sondern wie in der Malerei des Tenebrismus die von den Rändern hereindrängende Dunkelheit. Erleuchtet ist, das wirkt zunächst kontraintuitiv, nur der liegende Léaud, das Außen sind, das scheint anfangs stilisiert, Vogelgeräusche aus dem Garten. Der Blick entsteht nicht aus insistierender Neugier, sondern durch sich senkende und hebende Lider, Augen, die nicht immer hinschauen wollen: Gedreht wurde mit drei gleichzeitig laufenden, fest montierten Digitalkameras – weitere Distanz, mittlere Entfernung, Close-Up. Im Filmschnitt entwickelt sich das, was Serra die Dramaturgie der, ja, da taucht das Wort wieder auf, Präsenz nennt – der Moment, in dem die schauspielerische Inspiration die Rolle selbst überlagert.

In einer solchen Versuchsanordnung überlässt sich der Film beim Wechsel der Einstellungen, der Wahl zwischen Nähe und Abstand, dem Herausgreifen von Momenten aus dem langen digitalen Fluss der Filmaufnahme dem offenen Schicksal des Drehs selbst: Von der exploitativen Todesagonie in Michael Hanekes „Amour“ ist er ebenso weit entfernt wie der illusionslosen Intensität Maurice Pialats bei „La gueule ouverte“. Darin gleicht „La mort de Louis XIV“, und das ist der großartigste Funkenschlag dieses großartigen Films, eher dem Verlauf der Krankheit selbst: Zum Schluss entfernen die Mediziner bei der Obduktion die inneren Organe des Königs, um an ihnen den Verlauf der Erkrankung  zurückzuverfolgen. Es hätte auch alles anders kommen können.

Aus dem Presseheft vom Verleih von Grandfilm

PDF

Auszug aus dem Filmblatt vom Verleih Grandfilm

Credits

Regie
Albert Serra
Buch
Albert Serra, Thierry Lounas
Mit
Jean-Pierre Léaud, Patrick d’Assumçao, Marc Susini, Irène Silvagni, Bernard Belin, Jacques Henric
Director of Photography
Jonathan Ricquebourg
Kamera
Julien Hogert, Artur Tort
Ton
Jordi Ribas, Anne Dupouy
Schnitt
Ariadne Ribas, Artur Tort, Albert Serra
Szenenbild
Sebastian Vogler
Kostüm
Nina Avramovic
Hairstylist
Antoine Mancini
Musik
Marc Verdaguer
Visuelle Effekte
André Rosado, Xavier Pérez
Regieassistenz
Maïa Difallah
Executive Producer
Claire Bonnefoy, Montse Triola
Produzenten
Thierry Lounas, Albert Serra, Joaquim Sapinho, Claire Bonnefoy
Produziert von
Capricci Production
In Zusammenarbeit mit
Rosa Filmes, Andergraun Films, Bobi Lux

Kinostart (DE)
29.06.2017

Kinoverleih-Infos

Deutscher Kinoverleih
Grandfilm