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Hitler, ein Film aus Deutschland

D/F/GB 1977, 442 min

Syberbergs gefeierter wie verkannter Film-Essay – eine Annäherung an die Figur Hitler über die Frage, inwiefern diese die Projektion der geheimsten Wünsche des deutschen Volkers war.

Synopsis

Syberbergs Film widersetzt sich konventioneller Erzählformen und präsentiert sich als ein Kaleidoskop deutscher Geschichte, als eine Collage aus dokumentarischem Material, Musik, Zitaten aus anderen Künsten und den Studioaufnahmen, denen das Artifizielle zu jeder Zeit unverkennbar anhaftet. Kaum ein deutscher Film der letzten Jahre hat die Meinungen so entschieden geteilt wie HITLER, EIN FILM AUS DEUTSCHLAND. Während das Sieben-Stunden Werk hierzulande fast ausnahmslos auf schroffe Kritik stieß, wurde es im Ausland begeistert aufgenommen und dort von der Kritikerin, Schriftstellerin und Filmemacherin Susan Sonntag unterstützt und von Francis Ford Coppola im Kino vermarktet.

HITLER, EIN FILM AUS DEUTSCHLAND ist der dritte Teil von Syberbergs DEUTSCHER TRILOGIE, zu der neben diesem auch LUDWIG – REQUIEM FÜR EINEN JUNGFRÄULICHEN KÖNIG (1972) und KARL MAY (1974) gehören. Der Film hat vier Teile: DER GRAL (Teil 1), EIN DEUTSCHER TRAUM (Teil 2), DAS EINDE EINES WINTERMÄRCHENS (Teil 3), WIR KINDER DER HÖLLE (Teil 4).

Streaming-Info

Der Film ist über unseren Vimeo-Kanal zum Leihen oder Kaufen erhältlich. Weitere Anbieter siehe „Film kaufen“.
Sprache: Deutsche Originalfassung, Englische Fassung, Untertitel: Englisch (nur bei der englischen Fassung)

Pressestimmen

Syberberg hatte mit seinem Sieben-Stunden-Werk nicht weniger vor, als in Deutschland den schöpferischen Irrationalismus neu zu etablieren und gegen den kritischen Rationalismus zu setzen. (...) Doch sprechen wir nicht davon, was der Film intendierte, sondern was der Film bewirkte: Er kitzelte den Nazi heraus, der in dir steckt. Schon bald gab es ein Schlagwort dafür: „Der-Hitler-in-mir“. (Dietrich Kuhlbrodt)

Preise und Festivals

- Bundesfilmpreis 1978 (Filmband in Gold, Darstellerische Leistung)

Weitere Texte

Aus dem Essay „Syberberg’s Hitler“
von Susan Sontag (1980)

Daß sowohl seine Kunst (die Kunstform des zwanzigsten Jahrhunderts: der Film) wie sein Thema (das Thema des zwanzigsten Jahrhunderts: Hitler) von Wichtigkeit sind, setzt Syberberg voraus. Eine gängige, schlichte, einleuchtende Voraussetzung. Sie läßt freilich kaum ahnen, in welchem Umfang und mit welchem Kunstaufwand er letzte Dinge beschwört: die Hölle, das verlorene Paradies, die Apokalypse, die letzten Tage der Menschheit. Indem er romantische Grandiosität mit der Hefe modernistischer Ironie durchsetzt, gibt er ein Spektakel vom Spektakel, inszeniert er die „show of the shows“, Geschichte, in einer Vielzahl dramatischer Stile – Märchenspiel, Zirkus, Moralität, Allegorie, magische Zeremonie, philosophischer Dialog, Totentanz –, mit einer nach Millionen und Abermillionen zählenden imaginären Besetzung und mit dem Teufel persönlich als Hauptfigur. Die Syberbergs Denken so artverwandten romantischen Maximalvorstellungen, etwa vom grenzenlosen Genie, vom absoluten Sujet oder von der einen allumfassenden Kunstform – derlei Ideen schaffen ein quälendes Möglichkeitsbewußtsein. Syberbergs Zuversicht, daß seine Kunst der Bedeutung seines Sujets angemessen sei, entspringt seiner Vorstellung vom Kino als einer Erkenntnisweise, die das Denken zur Selbstreflexion anregt. Hitler wird dargestellt anhand einer Untersuchung unseres Verhältnisses zu ihm (das Thema lautet „unser Hitler“ oder „Hitler in uns“), so wie die aus gutem Grund nicht assimilierbaren NS-Greuel in Syberbergs Film als Bilder oder Zeichen vergegenwärtigt sind. (Der Titel lautet nicht Hitler, sondern eben Hitler – ein Film ... ) Mit der überzeugenden Nachstellung von Greueltaten läuft man Gefahr, das Publikum abzustumpfen, gedankenlose Stereotypen zu nähren, Distanz zu schaffen oder Faszination zu bewirken. Seine Überzeugung, daß der Filmemacher sich auf moralisch (wie ästhetisch) stimmige Art und Weise mit dem Nazismus auseinanderzusetzen habe, verbietet es Syberberg, sich irgendeiner der stilistischen Konventionen der Fiktion zu bedienen, die gemeinhin als Realismus gelten. Ebensowenig kann er auf dokumentarisches Material zurückgreifen, um etwa zeigen zu wollen, wie es „wirklich“ war. Wie mit deren Nachbildung in der Fiktion läuft man auch mit der Zurschaustellung von Greueltaten auf authentischem Filmmaterial Gefahr, heimliche Pornographie zu treiben. Überdies vermittelt solches Material unkommentiert nur dürftige Wahrheiten über die Vergangenheit. Filmausschnitte aus der NS-Zeit können nicht für sich sprechen; man muß ihnen eine – erläuternde, kommentierende, deutende – Stimme leihen. Doch der Zusammenhang zwischen Filmdokument und Kommentar ist, wie der zwischen Bildunterschrift und Fotografie, ein äußerlicher: eins ist dem andern nur angehängt. Im Gegensatz zur Pseudoobjektivität der Sprecherstimmen in den meisten Dokumentarfilmen bringen die beiden Stimmen, die grübelnd, meditierend, sinnierend Syberbergs Film untermalen, unentwegt Qual, Bedrückung und Entsetzen zum Ausdruck.

Credits

Buch und Regie
Hans Jürgen Syberberg
Mit
André Heller, Harry Baer, Heinz Schubert, Peter Kern, Alfred Edel, Hellmut Lange, Rainer von Artenfels, Martin Sperr, Peter Moland, Johannes Buzalski, Peter Lühr, Amelie Syberberg
Kamera
Dietrich Lohmann
Kamera Assistenz
Werner Lüring
Optische Spezialeffekte
Theordor Nischwitz
Schnitt
Jutta Brandstaedter
Schnitt Assistenz
Helga Beyer, Lydia Pieger
Ausstattung
Hans Gailling
Puppenspiel
Barbara Buchwald, Hans M. Stummer
Requisite
Peter Dürst
Maske
Gerlinde Kunz
Kostüm
Barbara Gailling, Brigitte Kuehlenthal
Regie Assistenz
Gerhard von Halem, Michael Sedevy
Aufnahmeleitung
Ike Werk
Produktionsleitung
Harry Nap
Herstellungsleitung
Bernd Eichinger
Produzenten
Hans Jürgen Syberberg, Bernd Eichinger
Produziert von
Solaris Film- und Fernsehproduktion Bernd Eichinger, TMS Film

DVD-Infos

Extras
HITLER-Premiere in New York (30min)
Sprache
Deutsche Originalfassung, Englische Fassung
Untertitel
Englisch (nur bei der englischen Fassung)
Ländercode
Code-free
System
NTSC / PAL kompatibel
Laufzeit
442 Minuten in 4 Teilen + 30 min Extras
Bildformat
4:3
Tonformat
DD 2.0
Inhalt
Softbox (Set Inhalt: 2), Booklet mit Kapiteln und Texten
Veröffentlichung
01.09.2008
FSK
Ab 16 Jahren

Alle Filme von Syberbergs DEUTSCHE TRILOGIE in einer Box erhältlich. Die DVDs kommen im handgefertigten Original-Filmkarton (6 Discs, insgesamt 13 Stunden) inkl. mehrseitigem Booklet mit Hintergrundtexten von Susan Sontag, Boris Groys und Rochell Fack. Limitierte Auflage!